Was sich in diesem Artikel und hinter der eher unscheinbaren Überschrift verbirgt, markiert das langwierigste und finanziell aufwendigste Kapitel der Sanierung. Die Rohbauarbeiten zogen sich deutlich über zwei Jahre hin, weil sich beim Rückbau einzelner Elemente immer wieder neue Überraschungen zeigten, die zunächst statisch begutachtet und anschließend statisch meist neu berechnet werden mussten bevor dann die eigentlichen Arbeiten auf der Baustelle weitergehen konnten.
Am Grundriss selbst wurde kaum etwas verändert. Zwar hatte das Gebäude schon zahlreiche Veränderungen im Großen und in Details erlebt, aber viele dieser Veränderungen sind mittlerweile selbst historisch geworden und somit Teil des zu bewahrenden Denkmals. Dazu zählen eigentlich alle Umbauten, die bis zur großen Sanierung von 1914 erfolgt sind. Diese unterschiedlichen Bauphasen sind anhand der unterschiedlichen verwendeten Materialien relativ gut zu erkennen.
Die meisten Veränderungen der vorhandenen Bausubstanz betreffen die mutmaßlich nach dem Krieg vorgenommenen Eingriffe. Dies betrifft vor allem die Neugliederung der Westfassade, die irgendwann in den 50er bis 70er Jahren des 20. Jahrhunderts erfolgt sein dürfte. Bei dieser Maßnahme an der ‚Wetterseite‘ des Gebäudes wurde das wahrscheinlich völlig verwitterte hölzerne Tragwerk entfernt und durch modernes Mauerwerk und eine ahistorische Neugliederung der Fenster ersetzt. Im Rahmen der Sanierung wurde die Fassadengliederung analog der Ostseite wieder hergestellt und nach historischem Vorbild erneuert. Um die Maßnahme als Rekonstruktion deutlich zu machen, wurde auf die historisierenden Sprossen verzichtet.
Dabei zeigte sich, dass die Fachwerkzwischenwände nicht mehr mit der Außenwand, der ja das hölzerne Tragwerk fehlt, verbunden waren und sie somit ihre statische Aufgabe, die Aufnahme der horizontalen Lasten (Winddruck), nicht mehr optimal erfüllen konnten. Deshalb wurde an dieser Stelle ein Rahmen aus Stahlträgern eingesetzt, der im fertigen Gebäude hinter einem Einbauschrank neben der Treppe zum Dachgeschoss verschwindet und so den großzügigen Raumeindruck in der Wohnküche mit Austritt auf die Terrasse nicht stört.
Im Rahmen dieser Arbeiten stellten sich bald weitere Schäden in der Zwischendecke zur Eingangshalle im Erdgeschoss heraus. Zahlreiche Balkenköpfe waren verfault und teilweise über mehrere Meter in den Raum hinein nicht mehr stabil, so dass hier großflächig ausgetauscht und neu aufgebaut werden musste. Neben Wettereinflüssen von außen haben hier bauphysikalische Sünden der Substanz zugesetzt. Nicht isolierte Wasserleitungen, fehlerhafte Isolierungen der Außenwände und wahrscheinlich manche Wasserlache in Küche und Bad dürften Ursachen dieser Schäden sein.
Im Erdgeschoss wurden geringfügige Neugliederungen der Räume vorgenommen, die aber ebenfalls lediglich Rückbauten früherer Einbauten sowie die Abtrennung zweier Räume betreffen.
Gravierender als diese Umbaumaßnahmen war die Behebung weiterer Tragwerksschäden, die den Ausbau zahlreicher Gefache und die Erneuerung von Schwellen und Ständern erforderte sowie sämtliche Maßnahmen, die das vorhandene Tragwerk durch additive Maßnahmen unterstützen. Dies betrifft vor allem die Stahlkonstruktion, die alle beiden Etagen des Hauses sowie den Dachboden einbezieht. Im Dachboden sind zwei horizontale stählerne Rahmen auf stählernen Stützen eingebaut. An diese beiden Rahmen sind Elemente des hölzernen Tragwerks angeschraubt und damit quasi ‚aufgehängt‘, um das bestehende Tragwerk zu entlasten und die gegenwärtigen Verformungen dauerhaft zu stabilisieren.
Im Dachgeschoss wurden außerdem zahlreiche Balkenköpfe erneuert und bauphysikalisch korrekt vom mineralischen Mauerwerk der Außenwände getrennt, um künftige Feuchteschäden in diesem Bereich auszuschließen.
Abschließend wurde das Dach neu gedeckt und die historische Wetterfahne, die zur Bauzeit des Rentamts für ein landwirtschaftliches Gut existentiell wichtig für die Wettervorhersage war, instand gesetzt. Dazu ergänzte ein Schmied die Zierelemente und reinigte das mit einer giftigen Bleimennige vor Wind und Wetter geschützte Blech. Der Eigentümer konservierte die Wetterfahne mit einem Antikorrosionsöl bevor die Zimmerleute die Wetterfahne wieder an ihren angestammten Platz montierten.
Schon im 18. Jahrhundert verbreitete sich allerdings das Barometer und konnte anstehende Wetteränderungen, die sich – bevor sich die Windrichtung ändert – im Wechsel des Luftdrucks ankündigen, präziser und früher ansagen. Für landwirtschaftliche Betriebe war diese Information existentiell, etwa um die anstehende Ernte vorzuziehen bevor sie durch Starkregen und Gewitter zerstört werden konnte. Die Funktion der Wetterfahne wandelte sich daher allmählich in den Bereich des Symbolischen und Metaphorischen und repräsentiert die Geschichte dessen, was in ihrem Einzugsbereich zu ihrer Zeit passiert ist. Die Fehlstellen im Blech dieses Exemplars könnten etwa Einschusslöcher aus einem kriegerischen Konflikt sein, die gut zu der im Garten des Rentamts aufgefundenen Kanonenkugel passen würden und das sichtbare Nachwirken von Historie – allerdings sehr interpretationsoffen – dokumentieren.