Vorarbeiten: Gutachten und Fachplanung

Die Sanierung eines denkmalgeschützten Gebäudes erfordert umfangreiche Abstimmungsprozesse mit der zuständigen Behörde und – ein generelles Problem des Bauens im Bestand – eine nach oben beliebig offene Zahl von weiteren Gutachten als Grundlage der Tätigkeit von Fachplanern und sonstigen Sachverständigen: Bauforscher und Restauratoren legen die Spuren der Vergangenheit frei und bestimmen den Umfang restauratorischer Maßnahmen, bauphysikalische Gutachten, Schadstoffuntersuchungen, statische Untersuchungen bereiten die Tätigkeit der Fachplaner vor. Alles zusammen wird mit Baurechts- und Denkmalschutzbehörden abgestimmt, um das Bauvorhaben auf dieser Grundlage beginnen zu können.

Restauratorische Untersuchung

Am Anfang der Restaurierung eines Baudenkmals steht die Sicherung sichtbarer Spuren der Baugeschichte sowohl in den Innenräumen als auch an der Außenfassade. Dabei kann es sich um historische Kalk- oder Lehmputze genauso wie um Tapeten- oder Wandbespannungsreste sowie historische Farbschichten handeln. Je nach Befundlage können sich daraus Vorgaben für die Sanierung genauso wie Änderungen in der denkmalpflegerischen Einschätzung des Gebäudes ergeben.

August 2015. Sondierungsöffnung im Gebäude

Die oben stehende Fotografie zeigt, dass die Restauratoren eher kleinteilig arbeiten und bemüht sind, möglichst wenig Spuren ihrer Arbeit zu hinterlassen. Sie sondieren über wenige Quadratzentimeter große Öffnungen, die sie in Wände schlagen, die unterschiedlichen bauhistorisch relevanten Veränderungen und dokumentieren diese schriftlich. Ähnlich verfahren sie auf Holzoberflächen, überwiegend Fenster und Türen, aber auch – soweit vorhanden – Wand- und Deckenverkleidungen, die sie auf ältere, möglichst ursprungsnahe Farbschichten untersuchen.

Ziel des ganzen Prozederes ist es zum einen, die Baugeschichte soweit wie möglich zu dokumentieren, aber auch historisch gesicherte Befunde zu gewinnen, mit deren Hilfe es möglich ist, eine bestimmte historisch eindeutige Zeitschicht möglichst vollständig und authentisch zu rekonstruieren.

Im Alten Rentamt war dies so nicht möglich, da insbesondere um 1717, aber auch 1914 und in der unmittelbaren Nachkriegszeit zahlreiche Umbauten erfolgt sind, die eine historische Rekonstruktion nur eingeschränkt zulassen.

Größtes zusammenhängendes Zeugnis der Innenausstattung sind die vorhandenen Lambris im Obergeschoss, die teilweise aus dem 18. oder 19. Jahrhundert erhalten sind und – dadurch dass sie hinter einer raumteilenden Innenwand verlaufen und notdürftig abgesägt wurden – darauf hinweisen, dass sich seit der Erweiterung von 1717 an der Schmalseite des Gebäudes zur Stettener Straße hin wohl ein großer getäfelter Saal über die ganze Gebäudebreite erstreckte. Weiterhin findet sich in einem Raum im Obergeschoss eine verputze und mit einer Musterwalze verzierte Raumausstattung, die wohl vor der Elektrifizierung des Raumes, aber erst im 20. Jahrhundert aufgebracht worden sein dürfte.

Bauhistorische Untersuchung

Angesichts der unübersichtlichen Baugeschichte und der wechselhaften Geschichte des Gutshofes, die schließlich zum Verlust großer Teile der Bausubstanz im 20. Jahrhundert geführt hat, ließ das Landesamt für Denkmalpflege eine bauhistorische Untersuchung des Rentamts durch den Esslinger Bauforscher Markus Numberger durchführen, die zu durchaus überraschenden Ergebnissen geführt hat, die im Folgenden kurz referiert werden.

Bohrloch für die dendrochronologische Untersuchung im Dachstuhl

Am spannendsten ist sicherlich die Erkenntnis, dass das Rentamt in seiner jetzigen Bausubstanz frühestens um 1671 errichtet wurde. Außerdem wurde das Gebäude – auch wenn die Eingangssituation des Kellers mit dem hervorragenden Kellerhals anderes nahelegt – 1717 lediglich in Nord-Süd-Richtung erweitert. Dies zeigt die dendrochronologische Untersuchung des Dachstuhls, der über die gesamte Länge des Hauses dieselben Jahresringe aufweist. Neueren Datums ist lediglich die West-Ost-Erweiterung mit dem 1717 datierten Allianzwappen im Sprenggiebel über dem Eingangsportal.

Der vorkragende Kellerhals mit dem Herstellungsdatum 1618 verweist wohl auf einen Vorgängerbau unbekannten Ausmaßes und lag bis zur Erweiterung des Gebäudes um 1717 frei. Darauf verweist auch das vergitterte Kellerfenster sowie die davor befindliche Sitzbank. Eine ähnliche Konstruktion findet sich etwa im Jägerhof in Neckarwestheim, den der Verfasser dieser Zeilen auch einmal zum Zwecke des Erwerbs besichtigt hat und der nun im Auftrag der Gemeinde von einer Projektentwicklungsgesellschaft zur Kindertagesstätte ‚entwickelt‘ wird.

Baugrunduntersuchung

Da sich der Statiker bestimmte Verformungen nicht wirklich erklären konnte, wurde die Beauftragung eines Geologen vorgeschlagen, der mittels eines Bohrgeräts die Tragfähigkeit des Baugrunds erkunden sollte.

November 2018. Leider kein Öl!

Die Untersuchung des Baugrunds ergab, dass sich erst in ca. 16m Tiefe tragfähiger Grund befindet. Darüber befindet sich hauptsächlich Schluff, ein sehr feinkörniger, lehmiger Sandboden, der in sich instabil ist und die durch das Gebäude ungleichmäßig eingebrachten Lasten nicht gleichmäßig abfangen konnte und zum ungleichmäßigen Absinken des Gebäudes über die Jahrhunderte geführt hat.

Schadstoffuntersuchung

Eine ebenfalls notwendige Schadstoffuntersuchung in den künftigen Wohnräumen ergab einen diffusen Schimmelbefall sowie signifikante Schwermetallspuren in der Raumluft.

Auf eine detaillierte Untersuchung konnte verzichtet werden, da sich auf den ersten Blick bereits zahlreiche Quellen identifizieren ließen. Der Schimmel befand sich hinter den nicht sachgemäß eingebauten Wand- und Deckenisolierungen, Farbanstriche der Nachkriegszeit waren die Quelle der Schwermetallbefunde, vor allem bleihaltige Farben waren in den Fluren verwendet worden.

Die Schadstoffuntersuchung führte dann zu einer relativ komplexen Baureinigung in den künftigen Wohnräumen sowie einer Wasserstoffperoxidbehandlung des Kellers, um weiteren Schimmel- und Pilzbefall auszuschließen, da sich hier ja die vom Hausschwamm befallenen und ausgebauten Hölzer befunden hatten. Dank der Massivbauweise des Erdgeschosses hat sich der Schwamm nicht weiter ausgebreitet.

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